Türkisfarbener Angolquarz

Aus Bibliothek der Magieakademie zu Surom
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Türkisfarbener Angol-Quarz: Eine schreckliche Expedition, Ulbrecht Unglück

Es ist nun fünf Jahre her, das ich den größten Fehler meines Lebens beging. Ich fürchte mich vor der Heimtücke meiner Feinde und schreibe dieses Buch deswegen unter dem Pseudonym Ulbrecht Unglück. Keinen dieser Feinde hätte ich jemals zu Gesicht bekommen und doch kann ich mir sicher sein, dass sie mein Antlitz ganz genau kennen. Dieses Buch erzählt die Geschichten eines Mannes, der sich für weltgewandt und gebildet hielt, bis ihn ein grausamer Verlust eines Besser'n belehrte. Ich war zu dieser Zeit 65 Jahre alt und Mentor an einer kleinen Privatschule für Zauberkünste, als ein Kollege von einer Gruppe Abenteurer berichtete, die in Silberburg aufgeschlagen waren und behaupteten magische Schätze im sagenumwobenen Unterreich geborgen zu haben. Besagter Kollege – auch sein Name sei an dieser Stelle zu seinem eigenen Schutz nicht genannt – hatte diese Kunde von einem dort ansässigen Freund, der ebenfalls Zauberer war und sich mit ein paar Männern dieser Gruppe unterhalten hatte. Einer habe ihm einen der Schätze gezeigt und für ein paar Tage zu Untersuchungszwecken überlassen. Dabei handelte es sich um ein Bruchstück eines türkisfarbenen Kristalls, das sich als Träger magischer Energien entpuppt hatte.

Neugierig geworden, beschloss ich Näheres in Erfahrung zu bringen und stieß während der nächsten Monate auf immer mehr Schriften, die zu den Beschreibungen passten. Ich bemühte mich um die Adresse des Zauberers aus Silberburg und trat in Briefkontakt mit ihm. Es vergingen weitere Wochen, bis mich der Herr zu sich eingeladen hatte und ich schon bald eigene Untersuchungen am Kristallsplitter anstellen durfte. Zusammen mit dem, was ich mir über neue wie alte Bücher angeeignet hatte, bestand kein Zweifel, dass es sich hierbei um einen sogenannten Angol-Quarz, einen „Magie-Quarz“ handelte. Der Türkisfarbene war der Forschung zwar bekannt, jedoch als sehr selten beschrieben worden. In dem alten, von Drachen zerstören Kontinent, waren wenige Exemplare tief unter der Erde in Höhlen geborgen worden. Genaues war darüber nicht bekannt, aber mir fiel auf, dass viele Expeditionsberichte unabhängig voneinander vom Vorkommen riesenwüchsiger, grünlich schimmernder Pilze berichteten. Tatsächlich hielt ich dieses Detail für so bemerkenswert, dass ich einen Zusammenhang zwischen dem Vorkommen der türkisfarbenen Angol-Quarze und den Riesenpilzen vermutete. Womöglich bestand eine fremdartige Form der Symbiose. Vielleicht gingen die Pilze über ihr Myzel Verbindungen mit den Quarzstrukturen ein, um Mineralien oder uns fremde Energien zu erhalten. Oder umgekehrt waren vielleicht die Kristalle in irgendeiner Form von den Pilzen abhängig.

Zu diesem Zeitpunkt waren meine Überlegungen nicht mehr als bloße Mutmaßungen. Die Schriftzeugen lieferten Indizien aber keine Beweise. Was den Quarz selbst anging, so war die Probe derart gering, dass ich mit meinen Forschungen nicht so weit kam, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich konnte zweifelsfrei eine starke Energie im Innern des Objekts ausmachen und meine Analysemethoden wiesen unstrittig auf magische Ursprünge hin. Die genaue Beschaffenheit der den Quarzen innewohnenden Kraft blieb mir jedoch verschleiert. Häufig ist es so, dass sich Energiestrukturen bestimmten Bereichen zuordnen lassen. So lehrt etwa die Sympathetik, dass zum Beispiel der Rubin dienlich bei Feuerzaubern sei, oder der Diamant bei Luftzaubern. Worin jedoch die Affinität dieser Kraft nun lag, erfuhr ich nicht. Meine Neugier war jetzt in gleichem Maß geweckt wie der Wunsch mir in der Fachwelt einen Namen zu machen und so war schon bald der Entschluss gefasst noch einmal den Kontakt zu jenen Abenteurern zu suchen, die das kleine Bruchstück geborgen hatten, das ich untersuchen durfte.

Es war nicht schwierig sie aufzufinden und in langen Gesprächen (die sie sich gut bezahlen ließen) verrieten sie mir, wie sie den Ort gefunden hatten. Sie zeichneten einfache Karten, beschrieben das, was sie sich merken konnten und letztendlich erklärten sich 3 Mann von ihnen sogar dazu bereit mich dorthin zu führen, wenn der Preis stimmte. Ich kümmerte mich um Geldgeber und warb an meiner kleinen Schule für das Projekt, um auch Schülern zu ermöglichen an dieser praxisorientierten Lehreinheit teilzunehmen und sich der Expedition anzuschließen. Heute ist von ihnen keiner mehr am Leben. Und es ist meine Schuld.[…]

[…] * Du überfliegst einige Seiten, die dir weniger wichtig erscheinen und wirst wieder aufmerksamer, als du Auszüge aus dem Expeditionstagebuch liest. * […]

Tag 3:[…] Das Unterreich ist finsterer als mondlose Mitternacht! Das ist fürwahr kein Ort für jene, die nicht der Zauberei befähigt sind. Fackeln würden nur die Scheusale auf uns aufmerksam machen, die es hier unten geben soll, aber durch unsere Nachtsichtzauber sind wir in der Lage die Höhlen sicher zu durchqueren.
Tag 4: Kamen heute an einen unterirdischen Lavastrom. So etwas Beeindruckendes habe ich nicht mehr gesehen, seit der alte Meister Grambart einen Feuerdämon beschworen und unterworfen hatte! Wie ein Wasserfall stürzte sich das flüssige und loderndrot glühende Gestein von einem Vorsprung weit über uns – es mögen sicher 40 Schritt gewesen sein – in die Tiefe. Dort hatte die Lava einen See gebildet, der sich in Form eines brennenden Flusses durch den Felsenboden fraß. Ich habe sogar meinen Nachtsichtzauber aufgehoben, um den wunderschönen Schein des Roten Falls bestaunen zu können. Wir folgten dem roten Strom in nördliche Richtung, bis wir unser Lager aufschlugen.
Tag 5: Schüler „Zimmermann“ klagt über Atembeschwerden. Womöglich bekommt ihm die schwefelhaltige Luft so nah an der Lava nicht gut. Unsere Führer sagen, wir müssten ohnehin nicht mehr lange an diesem Storm verweilen. Bald ginge es nach Westen, fort von der Glut.
Tag 6: Haben die Lava noch gestern Abend hinter uns gelassen. Marschierten so lange in westliche Richtung, bis wir an einen unterirdischen See kamen. Er ist riesig! Ich stand an seinem Ufer und war nicht in der Lage das gegenüberliegende zu sehen. Schüler Zimmermanns Unwohlsein ist wohl doch nicht den Schwefeldämpfen geschuldet, sondern einer Magenverstimmung. Er musste sich heute Mittag übergeben. Als er wieder zur Gruppe stieß, erzählte er von einem merkwürdigen Leuchten, das er weiter südlich am Ufer gesehen haben wollte. Es habe die Silhouette einer Brücke hervorgehoben. Ich will nicht hoffen, dass er damit Recht hat. Jeder weiß, was man sich über das Unterreich und seine Bewohner erzählt und mir wäre es lieber, wir wären weit weit weg von ihnen. Zum Glück führt uns unser Weg in die entgegengesetzte Richtung; Nach nach Norden.
Tag 7: Mussten das Ufer des Meeres für einige Stunden verlassen, da Felswände direkt ins Wasser ragten und unseren Weg blockierten. Nachdem wir das Hindernis umlaufen hatten, fanden wir das Meer jedoch ohne Probleme wieder. Ich sage inzwischen bewusst „Meer“ dazu, da mir der Begriff „See“ als zu klein erscheint. Das Ding ist riesig!
Tag 8: Zimmermann geht es besser. Konnten in der Ferne in Ufernähe ein nebulöses grünes Schillern ausmachen. Die Führer sagten, das sei der Ort, zu dem wir wollten. Es sei aber schon zu spät den letzten Abschnitt der Reise heute noch anzutreten. So schlugen wir unser Lager auf. Es ist schon erstaunlich, wie rasch man das Gespür für die Zeit und den Sonnenstand verliert, wenn man keinen Himmel mehr über sich weiß.
Tag 9: Schwärmte ich vor fünf Tagen noch vom „Roten Fall“ und hatte berichtet, wie sehr mich dieses Schauspiel fasziniert hatte, so komme ich einfach nicht umhin, von einem weiteren Superlativ zu erzählen. So etwas Schönes! Die Luft ist durchzogen von tanzenden und funkelnden grünen Partikeln. Ich musste sofort an die Schriften denken, die ich studiert hatte. Das sind Pilzsporen! Alles ist voll von ihnen. Wie Myriaden tanzender Glühwürmchen.

[…] * Du blätterst wieder etwas vor * [...]

Solche Pilze habe ich noch nie gesehen. Es besteht gar kein Zweifel, dass sie diese Sporen absondern. Die Teile reichen mir mindestens bis zum Kinn! Aber wegen derer sind wir nicht hier, auch wenn mich interessieren würde, ob sie essbar sind.
Tag 10: Endlich! Angol-Quarze! Türkisfarbene Angol-Quarze. Ich wusste es einfach! Und gleich so viele. Direkt am Ufer zwischen diesen sonderlichen Riesenpilzen. Habe nicht viel Zeit. Muss mich um die Abbauarbeiten bemühen, damit wir hinreichend viele Testobjekte für die Heimforschung zusammentragen. Fangen gleich nach dem Mittag mit den Abtragungen an und werden morgen damit fortfahren. Am darauffolgenden Tag werden wir die Rückreise antreten. Werde morgen keine Eintragung machen. Zu viel zu tun.
Tag 12: Ich weiß nicht wann sie kamen. Ich habe jedwedes Zeitgefühl verloren. Ich weiß nicht wie viele es waren. Aber sie waren uns überlegen. Als ich bemerkte, dass etwas nicht stimmte, waren Zimmermann, Forsthuber und Graber schon tot. Ich wachte auf, als jemand – oder etwas – über meine Zeltschnur stolperte. Ich hatte noch gerufen die Schüler sollten endlich zu Bett gehen, das hier sei eine ernste wissenschaftliche Angelegenheit und kein Saufausflug, aber gleich nachdem ich geweckt worden war, war es schon wieder beängstigend still gewesen. Ich fragte mich noch, ob der Kerl der Länge nach hingefallen war und nun bewusstlos dort lag, also beschloss ich vorsichtshalber nachzusehen. Immerhin trug ich hier die Verantwortung. Als ich in die Finsternis trat war alles ruhig. Ich setzte gerade an einen Nachtsichtzauber zu wirken, als ich etwa 20 Schritt weiter bei den anderen Zelten einen erstickten Schrei vernahm. Das muss Treumann gewesen sein, einer unserer Führer. Dann ging alles ganz schnell.

[…] * Ein Tintenfleck macht ein paar Zeilen unleserlich. * […]

[...] ...haben sie den Kopf abgetrennt! Zimmermann fand ich mit der Länge nach aufgeschlitztem Rumpf vor. Ich möchte nicht genauer beschreiben, was ich tatsächlich sah. Ich musste mich übergeben, noch während das Gemetzel um mich herum stattfand. Dieses rote Glühen überall um mich her. Diese widernatürlichen Augenpaare voll Boshaftigkeit. Das waren Drowelfen. Ich bin mir ganz sicher! Wir waren den Drow zu nahe gekommen und sie hatten uns gefunden... Ich weiß, dass es aus moralischen Gründen nicht vorbildlich war, aber ich sah nur die Möglichkeit zu überleben, wenn ich floh. Ich hänge an meinem Leben. Ich ließ sie alle zurück. Alle. Wie soll ich das bloß erklären...? Ich hätte mich nie dorthinwagen sollen. […] Nur der Reisezauber konnte mich vor dem sicheren Tod bewahren [...]

[…] * Wieder überfliegst du Passagen, die du für belanglos hältst. * […]

[...] So viele wie dort waren müssen wir das Pech gehabt haben auf eine Patrouille der schwarzen Elfen gestoßen zu sein. Mir kamen Zimmermanns Worte wieder in den Sinn. Die Sache mit der Brücke und den lilafarbenen Lichtern irgendwo weiter im Süden. Vielleicht waren wir ohne es zu wissen tatsächlich einer Drowstadt zu nahe gekommen. […] Weiß der Namenlose, was sie mit unserem Lager angestellt haben. Aber ich glaube kaum, dass sie sich in irgendeiner Form um die sterblichen Überreste ihrer Opfer gekümmert haben. Wahrscheinlich liegen ihre Gerippe heute noch dort und sind denen eine Warnung, die sich an jenes gefährliche Ufer irgendwo im Unterreich wagen. [...]



* Bei diesem Exemplar handelt es sich um eine Abschrift des Originalwerkes. Es wurde im Jahre 0 nach Betreten der Insel der Nebel von der Hochmagierin Xa'Velle Belin, Hüterin der Schriften der Magieakademie zu Surom, gefertigt. Dem Buch selbst liegt ein Pergament bei, auf welchem offenbar eine Liste angefertigt wurde, auf der weitere Buchtitel notiert sind, die sich mit Themen ähnlichen Inhalts oder weiterführender Literatur beschäftigen. Bücherliste *